Ein Marsch durch Schnee und Eis: Roman Ehrlichs wellenschlagendes Debüt »Das kalte Jahr« wurde kürzlich zu Recht mit dem Förderpreis des Bremer Literaturpreises ausgezeichnet. Zu Beginn des Romans läuft ein junger Mann los, um zu seinem Elternhaus zurückzukehren. Er ist der Stadt überdrüssig: »Es war kein lange vorher gefasster Entschluss. Ich konnte einfach plötzlich nicht mehr in meiner Wohnung bleiben, in meiner Straße, dem Viertel (…) mit dem kleinen Supermarkt auf der einen und dem großen Supermarkt auf der anderen Straßenseite.« Und so macht er sich auf, wandert durch das eingeschneite Deutschland, an Autobahnen entlang, an Jauchegruben und Möbelhäusern vorbei. Geschult an der Klarheit und Virtuosität W. G. Sebalds, hat Ehrlich einen Roman komponiert, der beunruhigt und fasziniert. Das beste Debüt des Jahres! Weiterlesen

Literaturkritiker Denis Scheck brachte auf der Frankfurter Buchmesse auf den Punkt, was alle dachten: »Die Welt geht unter, im Suhrkamp Verlag erscheint eine Graphic Novel!« Nun hat sich die Welt seitdem glücklicherweise doch noch etwas weitergedreht, sodass wir die Zeit fanden, uns jenes Werk einmal genauer anzusehen. Bei dieser wellenschlagenden Graphic Novel handelt es sich um »Kiesgrubennacht«, die Autobiographie  von Volker Reiche. Dieser sollte den meisten noch für seine Comic-Strip-Reihe »Strizz« in der FAZ bekannt sein, in welcher der gleichnamige Büroangestellte seinen Vorgesetzten mit ausgeflippten Ideen immer wieder auf die Palme bringt. »Kiesgrubennacht« ähnelt der Reihe auf den ersten Blick sehr, vor allem der Zeichenstil ist nahezu derselbe. Weiterlesen

Auf ein Neues! Wir eröffnen unsere Adventsverlosung in diesem Jahr mit einem Roman, der unter die Haut geht. »Nachhinein« erzählt vom Scheitern einer Freundschaft, von Verrat, Enttäuschung und Einsamkeit − und das mit einer poetischen Schärfe und Klarheit, die ihresgleichen sucht. Harter Lesestoff, keine Frage, aber vielleicht auch ein probates Gegenmittel gegen den süßlichen Weihnachtskitsch. Jedenfalls ist Lisa Kränzlers zweiter Roman so schonungslos wie wahrhaftig, ein großes Stück Literatur von einer Autorin, von der wir in Zukunft hoffentlich noch viel lesen werden. Weiterlesen

414_04525_109089_xlEin großes Ereignis beschäftigt die Verlagswelt schon seit Anfang des Jahres: Michael Krüger, der Titan der deutschen Literatur und bis dato Leiter des Hanser Verlags, geht in den wohlverdienten Ruhestand. Über seinen Nachfolger Jo Lendle sind die Meinungen momentan zwar noch geteilt, so viel hat man bisher vernehmen können: ist jung, aber nicht unerfahren, nett, aber nicht naiv und nebenbei auch Autor.
2011 erschien in der Deutschen Verlagsanstalt »Alles Land«, ein Roman, dessen einziger Fehler es zu sein scheint, dass er nach »Die Vermessung der Welt« erscheinen musste. Weiterlesen

The Best for the Fest: Die Bücher des Jahres 2013 zum Abstauben.

Die Weihnachtszeit nähert sich und wir haben unsere Geschenke bereits im Anschlag: Von Sonntag an veranstalten wir auf Facebook unser traditionelles octopus-Gewinnspiel im Advent. Dabei gibt es Bücher abzustauben, welche für uns zu den besten literarischen Veröffentlichungen des Jahres zählen. Weiterlesen

Das Grauen kommt leise, behutsam, mit Fotografien und zarten Sätzen, ein Tasten in Erinnerungen – und am Ende steht die Selbstauslöschung. W. G. Sebalds Erzählsammlung »Die Ausgewanderten« wurde erstmals 1992 veröffentlicht und wirbelte viel Staub auf. Wie kein zweiter Autor spürte Sebald in seinen Werken die »Schmerzenspuren der Geschichte« auf, die Verbrechen an der Menschlichkeit. Und er klagte im Jahre 1997 in einem wellenschlagenden Essay an, dass die Kriegstraumata und die Gräueltaten während des Zweiten Weltkriegs bisweilen ungenügend literarisch dargestellt wurden. Weiterlesen

Es gibt Autoren, die man am besten lesen und nur aus der Ferne beobachten sollte, sie schreiben exzellent, sind aber arrogant, unsicher oder unnahbar oder alles zusammen.

Es gibt aber auch Autoren, die man liest und aus der Ferne sieht und sie werden aus der Nähe größer. Einer von ihnen ist Emil Steinberger. So gelassen, so freundlich und trotz seiner Welterfolge so bescheiden und vor allem offen, dass der Leser einmal mehr lernen kann: Erfolg ist doch nicht so schlimm wie sein Ruf. Weiterlesen

Die Frage ist nicht, ob etwas passiert, sondern wann. Und was. Und wie schlimm es kommen wird. Blut wird fließen, soviel ist sicher. Aber werden Köpfe rollen, abgetrennte Gliedmaßen durch die Luft wirbeln und Gedärme aus offenen Bäuchen quellen? Oder kommt der Schrecken subtiler daher und zermartert den Verstand anstelle des Körpers? Aus Horrorfilmen oder Thrillern ist dieses Phänomen bekannt: Tumbe Trulla läuft durch den Wald, trifft einen schrägen Einheimischen und keine halbe Stunde später steckt ihr Kopf auf einem Pfahl. Oder so ähnlich. Als Zuschauer möchte man diesem dummen Ding am liebsten zurufen, nicht so naiv zu sein und dem finsteren, bärtigen Waldschrat doch besser nicht zu vertrauen. Aber sie steigt natürlich doch auf die Rückbank seines Autos und das Unglück nimmt seinen Anfang. Weiterlesen

Es gibt spleenige Autoren. Victor Hugo schrieb »Les Miserables« nackt. Dann gibt es Autoren, die zu Lebzeiten zu wenig beachtet wurden. Richard Yates beispielsweise. Und dann gibt es Nathanael West. Dessen verworrener Lebenslauf zwischen jüdischen Wurzeln, dem Paris der Bohème und Hollywood zeugt von einem Menschen, der den Zeitgeist seiner Generation schneller durchblickt hatte als alle anderen und der deshalb zum vorläufigen Scheitern verurteilt war. Er war ein Idol für Autoren wie Ernest Hemingway oder F. Scott Fitzgerald und prophezeite im Jahre 1939 bereits den Zusammenbruch des Studio-Systems von Hollywood, der in den 50ern dann auch Einzug halten sollte. Weiterlesen

978-3-644-48441-2.jpg.653676Selten hat eine neue Technologie ihr Potential so wenig ausgeschöpft, wie das Elektronische Buch. Zwar wird in Studien davon ausgegangen, dass der Vertrieb von E-Books in Deutschland mehr als sechs Prozent ausmacht, im englischsprachigen Raum sogar noch mehr, doch rein vom Erscheinungsbild her hat sich seit dem Jahre 1988, in dem der erste elektronische Roman erschien („Mona Lisa Overdrive“ von William Gibson), nicht viel getan. Sicher, inzwischen gibt es stärkere Bildschirmbeleuchtung, schönere Seitendarstellungen und man kann seine virtuellen Bücher in virtuelle Regale stellen, doch das E-Book bleibt, was seine Kritiker ihm vorwerfen: Ein nicht ausgedrucktes Buch. Weiterlesen

T.C. Boyle muss man nun wirklich nicht mehr vorstellen. Der Schlacks mit dem schönen Zweitnamen Coraghessan gehört zu den ganz Großen der amerikanischen Literatur.
Entsprechend groß ist die Nervosität, als wir die Lounge des Stuttgarter Hotels »Am Schlossgarten« betreten. Schicke Sessel, edles Interieur. Und inmitten: ein überaus freundlicher T.C. Boyle. Nur müde sei er, denn die Deutschlandtour sei wohl doch sehr strapaziös. Und in wenigen Stunden stehe schon die nächste Lesung auf dem Programm. Aber zum Glück können wir noch ein paar Fragen loswerden, bevor der Meister zum Nickerchen in seine Suite entschwindet.
     

Boyle macht es sich bequem
T.C. Boyle macht es sich in Stuttgart bequem

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