9783869710082Kürzlich berichteten Medien über den Tod eines Delfins. Ein Selfie-wütiger Mob quälte das Tier mit den gierigen Linsen seiner Smartphone-Kameras, bis der Delfin schließlich austrocknete und erstickte. Herausgezerrt aus dem argentinischen Meer – missbraucht für Quality-Time-Schnappschüsse, die auf Mini-Chips und Cloudspeichern begraben werden.

Nicht weniger befremdlich ist die Zerstörung von Korallenriffen durch den Microsoft-Gründer Paul Allen. Der Anker seiner Jacht riss vor wenigen Wochen tiefe Krater in die Unterwasserwelt der Cayman-Inseln. Ein Versehen, laut Allen.

Dass eine derart märchenhafte und sensible Landschaft vernichtet wird – nicht zwingend überraschend. Man kennt die Angewohnheit der Menschheit, sich den Vorteilen seiner Umwelt bis zu deren Kollaps zu bedienen, und erst nachdem die Profite vollends abgeschöpft sind, Einsicht vorzugaukeln. Schwamm drüber.

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Youtube-Stars, Blogger und Doku-Soap-Darsteller: Alles unsägliche Zeitgenossen, denen das Geschenk des Lebens verwehrt sein sollte. So die Einschätzung des Mörders, der im fünften Band der Krimi-Reihe »Die Menschen, die es nicht verdienen« von Hjorth&Rosenfeldt sein Unwesen in der schwedischen Medienszene treibt.

Sternchen um Sternchen des Trivial-Fernsehens sowie der digitalen Parallelwelt sterben per Bolzenschuss, bis die Strippenzieher und Realisatoren des kulturellen Untergangs ebenso gerichtet werden. Der Tod klettert die Verblödungspyramide Stück für Stück nach oben. Ein Rundumschlag. Brachial und nordisch blutig.

Der Mörder, ein Retter der Hochkultur? Einer, der akademische Bildung als absoluten Wert, als Identität der aufgeklärten und selbstbestimmten Gesellschaft begreift? So zumindest sind die Gedanken des Mannes einzuordnen, der nicht bestandene Wissenstests auf die Rücken seiner Opfer tackert.

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Zeit zu Träumen. Karl Ove Knausgård erhält die Zulassung, in Bergen per Akademiestudium Schriftsteller zu werden. Der Wunsch, ein Leben als Künstler zu führen scheint greifbar. Doch die Euphorie, einer der Auserwählten zu sein, kehrt sich rasch in Ernüchterung um. Talent alleine will nicht ausreichen, um die Kommilitonen, die Lehrenden und sich selbst zu überzeugen.

»Träumen« knüpft nahezu nahtlos an den Vorgänger »Leben« an. Karl Oves Suche nach sich, nach einer Zukunft und überhaupt einer Idee, führt ihn in die trostlose Welt der Versagensängste, des verführerischen Alokohols und der Depression. Und dann doch die Erkenntnis, dass Träume nicht immer nur Traum bleiben müssen.

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4 Bände sind bereits von Karl Ove Knausgårds 6-Teiligem umstrittenen Mammut-Projekt in deutscher Übersetzung erschienen. Am 21. September wird mit „Träumen“ nun Band 5 erhältlich sein. Zu diesem Anlass wirft das Octopus-Magazin einen Blick auf die vorherigen Titel – eine Retrospektive. Hier: Band 4 »Leben«.


In »Spielen« war Karl Ove Knausgård in seine Kindheit zurückgekehrt. Nach »Sterben« und »Lieben« folgte also eine gewaltiger Schritt zurück in der Lebenschronik des Autors. »Leben«, der vierte Band von sechs, mag der vielleicht unterhaltsamste der veröffentlichten sein. Die Bezeichnung Coming-of-Age-Roman kommt »Leben« am nächsten.

Karl Ove reist gerade volljährig nach Nordnorwegen. Hier soll er als Aushilfslehrer ohne pädagogische Vorkenntnisse unterrichten. Aber viel wichtiger: Die erste eigene Wohnung, eigenes Geld und keine Überwachung durch den Vater. Was folgt ist ein Exzess aus Trinkgelagen, Kopulationsversuchen und der ersten Annäherung an den Traum, Schriftsteller zu werden.

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4 Bände sind bereits von Karl Ove Knausgårds 6-Teiligem umstrittenen Mammut-Projekt in deutscher Übersetzung erschienen. Am 21. September wird mit „Träumen“ nun Band 5 erhältlich sein. Zu diesem Anlass wirft das Octopus-Magazin einen Blick auf die vorherigen Titel – eine Retrospektive. Hier: Band 3 »Spielen«.


Nach dem international erfolgreichen Band 1 »Sterben« folgte in einem zweiten, sehr umfangreichen Band »Lieben« aus Karl Ove Knausgårds Roman-Projekt in deutscher Übersetzung. Mit »Spielen«, dem dritten und weniger umfangreichen Band, beginnt nun eine Reise, die Karl Ove in die Kindheit zurückführen wird.

Eine Zeit, die sich in die Seele des Autors eingebrannt hat. Eine von Ängsten besetzte Zeit, in der Augen und Ohren des Vaters überall zu wachen scheinen. Hier steht die Furcht auf der Tagesordnung. Die Furcht etwas falsch zu machen, nicht genügen zu können –  »Spielen« ist die psychologische Bestandsaufnahme eines Kindes zwischen Leichtigkeit und Schwermut.

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4 Bände sind bereits von Karl Ove Knausgårds 6-Teiligem umstrittenen Mammut-Projekt in deutscher Übersetzung erschienen. Am 21. September wird mit „Träumen“ nun Band 5 erhältlich sein. Zu diesem Anlass wirft das Octopus-Magazin einen Blick auf die vorherigen Titel – eine Retrospektive. Hier: Band 2 »Lieben«.


Der erste Band »Sterben« erzählte von Knausgårds Vater und einer missglückten Beziehung zwischen Vater und Sohn. Und dieses Thema wird wiederkehren, in allen Bänden. Knausgårds Vater personifizert das Trauma, das seinen Sohn begleiten wird. Es ist die Vaterfigur, die es versteht, Karl Ove aus dem Jenseits zu dirigieren.

Aber im zweiten Band »Lieben« präsentiert sich nun ein bisher unbekannter Karl Ove. Jetzt ist er selbst Vater geworden. Es werden Windeln gewechselt, Ausflüge unternommen und Kinder-geburtstage besucht. Ein Leben in Mietwoh-nungen, mit Kindergeschrei, Ehekrisen und Selbstzweifeln steht an – Knausgård setzt seinen biographischen Rückblick unbekümmert fort. Weiterlesen

4 Bände sind bereits von Karl Ove Knausgårds 6-Teiligem umstrittenen Mammut-Projekt in deutscher Übersetzung erschienen. Im September wird mit „Träumen“ nun Band 5 erhältlich sein. Zu diesem Anlass wirft das Octopus-Magazin einen Blick auf die vorherigen Titel – eine Retrospektive. Hier: Band 1 »Sterben«.


Gut ist, wenn Kunst polarisiert. Wenn sie streitbar wird, Auslöser einer Debatte ist, ja eine Meinung provoziert. Knausgård hat mit seiner autobiographischen Reihe erreicht, dass man über sein Schaffen diskutiert. Und das in ungewohntem Ausmaß, wo doch das Feuilleton sich mehr der Politik verschrieben hat, als der Kultur. Aber wer in Norwegen etwa 500.000 Exemplare verkauft, in einem Land, das ca. 5 Millionen Einwohner aufweist, und auch in den Vereinigten Staaten ein Hit ist, dem ist Aufmerksamkeit gewiss. Und das ist gut so.

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9783462309874_10Was Michel Houellebecq im Januar 2015 präsentierte, wurde heiß diskutiert – über das Feuilleton hinaus, in aller Öffentlichkeit. Literatur war plötzlich wieder eine Autorität, auch, oder gerade weil »Unterwerfung« vorgeworfen wurde, der Roman schüre Ängste sowie Hass gegenüber den Muslimen. Da hatte ein Buch angeblich Position bezogen, was im gegenwärtigen Literaturbetrieb nicht allzu oft geschieht.

Dass der beschworene Konflikt blitzartig seinen Gipfel erreichte, nur in einer dem Roman gegenläufigen Richtung, nämlich in Form des Terroranschlags auf das Satiremagazin »Charlie Hebdo«, konnte Houellebecq nicht ahnen und doch kam es zu diesem unheimlichen Moment: Literatur und Realität gerieten unheilvoll in Mixtur – ein Bestseller wäre es dennoch ohnehin geworden. Weiterlesen

enjoy140 Zeichen hat der User auf »Twitter« zu Verfügung, um zu kommunizieren. Die Folge: extrem verdichtete Satzkonstruktionen, Bedeutungsverschiebungen und grammatikalische Katastrophen. Die getippte Sprache büßt in sozialen Netzwerken ihre Funktion ein und wird sich über kurz oder lang der Übermacht des bewegten Bilds geschlagen geben müssen. Die Verlinkung eines Videos ist die Sprache der Zukunft. Was tun?, fragt sich der Nostalgiker.

Liebhaber des gedruckten Worts wie Solange Bied-Charreton können nur eines tun: Literatur produzieren, die auf Gefahren der Digitalisierung hinweist. Denn nicht nur die Sprache verändert sich, auch der Nutzer, ja der Mensch, unterliegt einer Entwicklung, die ihn zum »digital native« werden lässt. Eine gern und häufig verwendete Bezeichnung in den Lebensläufen dieser Tage. Doch ist »digital native«-sein erstrebenswert? Was bleibt auf der Strecke, wenn das Virtuelle zum Lebensraum wird?

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Sjón ist Isländer und schrieb mal Liedtexte für Björk. Eines dieser Lieder fand oscarnominiert Platz in Lars von Triers Film »Dancer in the Dark«. Das ist, was in den meisten Pressetexten über diesen Autor zu lesen ist. Island, Björk und Lars von Trier: eine flackernde Kombination. Das Interesse ist geweckt, es kribbelt unter den Fingernägeln. Aber braucht es diese Vorschusslorbeeren, um Sjóns »Der Junge, den es nicht gab« an den Leser zu bringen?

Island hat ja neben der Pop-Diva eine Handvoll weiterer Ausnahmetalente hervorgebracht, die international Anerkennung erhalten. Sigur Rós beispielsweise. Eine Band, die für Zuhörer außerhalb Islands in nahezu unverständlicher Sprache musiziert, und trotzdem die großen Hallen regelmäßig füllt. Ein Phänomen – wie  Björk eben. Und Sjón? Der kann locker mithalten. Weiterlesen