So laß uns Abschied nehmen wie zwei Sterne,
durch jedes Übermaß von Nacht getrennt,
das eine Nähe ist, die sich an Ferne erprobt
und an dem Fernsten sich erkennt.– Rainer Maria Rilke
Das Octopus-Magazin verabschiedet sich hiermit vorerst von seinen Lesern.
Wir blicken zurück beinahe fünf Jahre, in denen wir gelesen, geschrieben, interviewt und recherchiert haben. Es war eine schöne Zeit. Doch manchmal kann man selbst das nicht mehr fortsetzen, was einem wirklich Spaß bereitet, denn das Leben dreht sich immer weiter um einen, heute schneller als denn je.
Dies ist kein endgültiges Auf Wiedersehen, denn möglicherweise findet sich in der Zukunft irgendwann die Zeit und die Motivation, dieses in seiner Art einzigartige Projekt fortzusetzen. Das Octopus-Magazin wird sich daher nun, Cthulhu gleich, in tiefen Schlaf begeben, um vielleicht, eines Tages aufzuerstehen.
Auf Wiedersehen.
Christian, Markus, Emil, Yana, Sven, Simon, Nadja und Franziska
So laß uns Abschied nehmen wie zwei Sterne,
Peter Kurzeck ist tot und das ist einfach eine verdammte Schande, anders kann man das wirklich nicht ausdrücken. Nicht nur, dass mit dem im November 2013 verstorbenen Autor einer der bedeutendsten und gleichzeitig im Verhältnis kaum wahrgenommenen Gegenwartsliteraten verloren ging, Kurzeck starb auch noch, bevor er sein Opus Magnus, die mehrbändige Chronik „Das alte Jahrhundert“ beenden konnte. Nun erschien, als kleiner Trost für all die, die Peter Kurzeck kannten und schätzten, „Bis er kommt“ im wunderbaren Verlag Stroemfeld/Roter Stern: der letzte, fragmentarische Band der Reihe, an dem der Autor bis kurz vor seinem Tod gearbeitet hatte.
Sie hat nicht lange auf sich warten lassen, die Fortsetzung des Ende letzten Jahres erschienen Mangas »Wet Moon«: Atsushi Kaneko entführt die Leser wieder in die düsteren Welten Japans der 60er Jahre und erzählt die verworrene Geschichte rund um den von Amnesie geplagten Protagonisten Inspektor Sata, die japanische Mondmission und einen Korruptionsskandal innerhalb der Polizei weiter. Dabei ist es ebenso erfrischend wie traurig zu hören, dass die Reihe nicht als endlose Serie mit zig Bänden geplant ist, sondern vielmehr mit dem dritten Buch (Erscheinungstermin: 30.05.) enden wird.
Beinahe bekommt man den Eindruck, Slavoj Žižek würde schneller Bücher schreiben, als man sie als Normalsterblicher überhaupt lesen könnte. Denn nicht nur erschien 2015 der Essay
Der französische Autor Jean Prévost starb zwei Tode, wenn man seinem Biographen Jérôme Garcin glauben darf. Den ersten starb er durch die Deutschen, die ihn 1944 als Partisan in der Nähe von Grenoble erschossen. Die zweite Ermordung erfolgte durch die Französische Leserschaft, die den gefeierten Vorkriegsliteraten nach Ende des Zweiten Weltkriegs einfach vergaß, mit einer grausam systematischen Gleichgültigkeit. Zumindest aus dem zweiten Grab hebt man den Vergessenen nun wieder heraus, wobei jedoch die Frage besteht, ob es sich lohnt, Jean Prévost wiederzubeleben, dessen einzige weltliterarische Spur einzig Hemingway zu sein scheint, der sich beim Boxen einen Daumen am harten Schädel des Franzosen brach.
Man muss den Verlag Hans Schiler aus Berlin einfach bewundern. Nicht nur, dass es das kleine Team Jahr für Jahr schafft, ein Programm auf die Beine zu stellen, das es durchaus mit dem der „Großen“ aufnehmen kann. Die veröffentlichen Werke haben auch stets eine Qualität, die man sich bei manch anderem Verlag wünschen würde. Diese Qualität reicht von dem Niveau der Texte über die editorische Gestaltung bis hin zur Vermarktung – wobei letztere heutzutage gerade bei Independent-Verlagen vermutlich den entscheidendsten Faktor ausmacht, denn auch der beste Roman geht unter, wenn man ihn nirgendwo kaufen kann.
Wer kennt ihn nicht, den Albtraum, man sitzt bei „Wer wird Millionär“ auf dem heißen Stuhl und weiß die Antwort auf die Frage nicht, obwohl man sie doch eigentlich wissen sollte. Und dann fällt einem plötzlich auf, dass man vergessen hat, eine Hose anzuziehen. Zumindest mit der erstgenannten Komponente setzt sich Dierk Wolters in seinem Roman auseinander, der sich bemüht, in Sachen Titellänge Frank Witzel den Rang abzulaufen: »Die Hundertfünfundzwanzigtausend-Euro-Frage« heißt er, ein Titel, der ebenso umfangreich wie programmatisch ist, denn um nichts anderes geht es. Oder?
Wenn der Carlsen Verlag mal gerade nicht versucht, graphische Liebhaberprojekte via Crowdfunding zu finanzieren, die dann leider mangels Beteiligung der Fanbase
Marcel Reich-Ranicki ist tot. Das ist er zwar schon länger, aber die Leerstelle, die er hinterlassen hat, wartet noch immer schmerzend auf einen Nachfolger. Und während das Literarische Quartett in der ersten Sitzung der Neubesetzung dem kurz zuvor verstorbenen Helmut Karasek gedachte und Maxim Biller sich Mühe gab, der neue Reich-Ranicki zu werden, scheint der gegen seinen Willen zum »Literaturpapst« gekrönte Verstorbene langsam in Vergessenheit zu geraten. Nur gut, dass es die Deutsche Verlags-Anstalt gibt. Die veröffentlichte diesen Herbst nämlich einen neuen Band mit zahlreichen Essays Reich-Ranickis, quasi ein Memorium. »Meine deutsche Literatur seit 1945« heißt der von Thomas Anz herausgegebene Sammelband und schließt somit nahtlos an den Vorgänger »Meine Geschichte der deutschen Literatur. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart« an.
Das in Amerika mittlerweile zu einem regelrechten Hype gewordene Crowdfunding-Prinzip
Wir leben in wirren Zeiten. Die Welt scheint nur noch aus Konflikten zu bestehen, unsere Telefone werden abgehört und dieser eine bestimmte Freund hört nicht auf, uns Spieleanfragen auf Facebook zu schicken. Hinter uns liegt eine Vergangenheit, zur der wir uns nicht mehr zugehörig fühlen, vor uns eine Zukunft, die wir nicht kennen. Aber zumindest bei letzterem kann Abhilfe geschaffen werden, mit jenem Genre, das bereits seit Jules Verne die Ungewissheit der kommenden Jahre als Nährboden nutzt: Die Science Fiktion. Was liegt also näher, als die Welt erst einmal Welt sein zu lassen, die Füße hochzulegen und einen der neueren Vertreter jenen Genres in die Hand zu nehmen? „Planet Magnon“ ist ein solcher, ein kurzer Blick auf den Verfasser sorgt allerdings für Erstaunen: Der junge Autor Leif Randt sorgte in den letzten Jahren durchaus für einiges Aufsehen, als Schreiber von Science Fiction ist er (bisher) jedoch noch nicht in Erscheinung getreten. 