51umf44i8FL._SX314_BO1,204,203,200_Der französische Autor Jean Prévost starb zwei Tode, wenn man seinem Biographen Jérôme Garcin glauben darf. Den ersten starb er durch die Deutschen, die ihn 1944 als Partisan in der Nähe von Grenoble erschossen. Die zweite Ermordung erfolgte durch die Französische Leserschaft, die den gefeierten Vorkriegsliteraten nach Ende des Zweiten Weltkriegs einfach vergaß, mit einer grausam systematischen Gleichgültigkeit. Zumindest aus dem zweiten Grab hebt man den Vergessenen nun wieder heraus, wobei jedoch die Frage besteht, ob es sich lohnt, Jean Prévost wiederzubeleben, dessen einzige weltliterarische Spur einzig Hemingway zu sein scheint, der sich beim Boxen einen Daumen am harten Schädel des Franzosen brach.

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Als am 28. Juni 1914 der Erzherzog und österreichische Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo von serbischen Attentätern erschossen wurde, befand sich Europa in einem wirren Geflecht aus hegemonialen Interessen, ideologischen Treueversprechungen und nationalistischer Verblendung. Dennoch sah es vorerst nicht danach aus, als würde dieses Ereignis zu einem Krieg führen, die Staatsoberhäupter versuchten, den überkochenden Zorn in der öffentlichen Meinung zu besänftigen, Großbritannien unternahm insgesamt sieben Vermittlungsversuche und die Zweite Internationale tagte weiterhin, um den sozialistischen Zusammenhalt gegen die nationalen Differenzen zu demonstrieren. Innerhalb eines Monats wandelte sich diese Atmosphäre eines gefährdeten Friedens hin zu einer blinden Zerstörungswut, die den ganzen Kontinent in Dunkelheit stürzen sollte. „In ganz Europa gehen die Lichter aus,“ äußert sich der britische Außenminister Edward Grey während der Julikrise zu einem Freund, „wir alle werden sie in unserem Leben nie wieder leuchten sehen.“ Weiterlesen

2012 war offensichtlich das Jahr der wiederentdeckten Russen. Neben Gaito Gasdanow, dessen Meisterwerk »Das Phantom des Alexander Wolf« nach langer Zeit nun im Hanser Verlag den Weg in die Herzen der deutschen Leser fand, tritt nun ein weiterer Schriftsteller auf, der Gasdanow jedoch nicht unähnlicher sein könnte. M. Agejew ist sein Name, und das ist im Grunde auch alles, was man von ihm weiß: Ein Pseudonym, unter welchem er 1934 sein  erstes und einziges Werk veröffentlichte, den »Roman mit Kokain«. Danach wurde es still um ihn, manche Spekulationen gehen davon aus, dass er bis zu seinem Tod im Jahre 1973 bescheiden als Sprachlehrer in Russland lebte, andere glauben, dass er bereits in den 30er Jahren verstarb.

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Zuhause ist es immer noch am schrecklichsten. Da geht man über die Straße und wird gegrüßt von einem, den man doch eigentlich gar nicht mehr kennen will. Der Nachbar wünscht einen guten Tag, doch weiß man: gerade eben hat er hinter verschlossener Tür seine Frau angeschrien. Und am schlimmsten: die eigenen Geheimnisse stehen für alle sichtbar auf der gerunzelten Stirn geschrieben.

Sherwood Anderson hat über die kleinen privaten Geheimnisse, Schrecklichkeiten, Abgründe ein Buch geschrieben, das vielleicht schönste Buch, das während des ersten Weltkriegs verfasst wurde. »Winesburg, Ohio« heißt dieses Portrait einer Kleinstadt im nördlichen Nirgendwo Amerikas und dort, in diesem fiktiven Ort, spielt sich auch das Geschehen ab: Junge Männer hadern mit ihrer Zukunft, die Alten versinken in Depressionen, die Frauen sind vergrämt und ein quirliger Reporter der Lokalzeitung »Winesburg Eagle« bringt sie alle zusammen. Mit dem Progressivismus und kurz vor dem Beginn der Industrialisierung verlieren die Menschen die Nerven und den Sinn für die Traditionen des Landlebens. Die Stadt lockt mit Versprechungen, doch wer wagt schon den ersten Schritt ins Neue? Weiterlesen