Zeit zu Träumen. Karl Ove Knausgård erhält die Zulassung, in Bergen per Akademiestudium Schriftsteller zu werden. Der Wunsch, ein Leben als Künstler zu führen scheint greifbar. Doch die Euphorie, einer der Auserwählten zu sein, kehrt sich rasch in Ernüchterung um. Talent alleine will nicht ausreichen, um die Kommilitonen, die Lehrenden und sich selbst zu überzeugen.

»Träumen« knüpft nahezu nahtlos an den Vorgänger »Leben« an. Karl Oves Suche nach sich, nach einer Zukunft und überhaupt einer Idee, führt ihn in die trostlose Welt der Versagensängste, des verführerischen Alokohols und der Depression. Und dann doch die Erkenntnis, dass Träume nicht immer nur Traum bleiben müssen.

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Marina Keegan Das Gegenteil von EinsamkeitWenige Tage nach ihrer Abschlussfeier starb die Yale-Absolventin Marina Keegan bei einem Autounfall. Sie wurde zweiundzwanzig Jahre alt. So weit das, was alle schreiben und was zu wiederholen ein gewisses Unbehagen bereitet. Ein Unbehagen nicht aufgrund der unzweifelhaften Tragik der Ereignisse, sondern aufgrund ihrer vehementen Zurschaustellung. Unweigerlich drängt sich der Eindruck auf, dass dem Verlag und manchen Medien offenbar mehr daran gelegen ist, den Tod der Autorin als deren Texte zu vermarkten. Dass es eher um Betroffenheit und Voyeurismus geht als um Literatur. Aber kann das verwundern? Und soll man Marina Keegans frühen und plötzliche Tod stattdessen in einem Nebensatz abhandeln oder gar verschweigen? Denn schließlich ist »Das Gegenteil von Einsamkeit«, dieser postum veröffentlichte Band mit Stories und Essays, ihr Vermächtnis − warum ihn also nicht auch als solches lesen?  Weiterlesen

kränzler lichtfang coverVielleicht muss man sich die Hölle auf Erden als ein schwäbisches Provinznest vorstellen. Die Einfamilienhäuser in Reih und Glied angeordnet, der Rasen im Vorgarten so akkurat gestutzt wie die Gedanken der Insassen hinterm Jägerzaun, allenthalben Stumpfsinn in den Herzen und den Hirnen.
Eine schauerhafte Tristesse, die man im besten Fall nur aus Romanen oder Filmen kennt, im schlimmsten aus eigener Erfahrung. Ein geistloses Niemandsland, das übrigens keineswegs zwischen Iller und Lech gelegen sein muss, sondern ebenso im Rest von Deutschland zu finden ist, und das sensible junge Menschen zwangsläufig in den Wahnsinn treibt. Junge Menschen wie Lilith und Rufus, das Protagonistenduo in »Lichtfang«, dem dritten Roman von Lisa Kränzer und ihrem ersten bei Suhrkamp. Weiterlesen

Zwei junge Mädchen lernen sich kennen, freunden sich an und schwören sich ewige Treue. Aber nur in schlechten Romanen ist Ewigkeit mehr als die Hoffnung bemitleidenswerter Optimisten. Und nur in schlechten Romanen ist die Kindheit ein Hort unbeschwerter Glückseeligkeit, wo das Böse nur in Erzählungen lauert. »Nachhinein« von Lisa Kränzler ist alles andere als ein schlechter Roman. Die Geschichte der zwei anfänglichen Freundinnen ist in ihrer Konsequenz so schonungslos wie wahrhaftig. Und ja, die Wahrhaftigkeit, die in diesem Roman steckt, ist mitunter schwer zu ertragen. Eben weil am Ende, im Nachhinein, alles ganz anders kommt, als die Freundinnen es sich erhofft hatten. Im Nachhall klingt der hehre Schwur, mit dem alles seinen Anfang genommen hat, so hohl und leer, dass es beinahe schmerzt. Weiterlesen