Noch zu Schulzeiten schrieb und veröffentlichte dieser genialische junge Mann sein erstes Buch, das zeit seines viel zu kurzen Lebens auch sein einziger großer literarischer Erfolg bleiben sollte. Ronald M. Schernikaus »Kleinstadtnovelle«, 1980 erschienen, handelt vom Coming-out in der deutschen Provinz und davon, wie schwierig es ist, im pseudoliberalen Mief der Post-Hippie-Ära politisch Haltung zu bewahren. Der Protagonist ist Schüler am Gymnasium, homosexuell, Kommunist und klüger als alle Mitschüler und Lehrer sowieso. Unverkennbar stand die eigene Person der Literatur Pate, doch trübt die biographische Fokussierung auch hier den Blick auf das Wesentliche, nämlich auf die ungeheuren literarischen Qualitäten dieses doch so kurzen Textes, auf die sprachliche Eleganz wie die stimmungsvolle Komposition. »Kleinstadtnovelle« ist, was der Titel verspricht – eine Novelle, die in ihrer Formstrenge und ihrem unbedingten Kunstwillen nicht ganz zufällig an das große Vorbild Peter Hacks erinnert. In einer besseren Welt wäre »Kleinstadtnovelle« Pflichtlektüre an allen Schulen in diesem Land.

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