In Zeiten einer scheinbar grenzenlosen Liberalität gehört schon einiges dazu, dass ein Roman auf dem Index landet. So geschehen mit »American Psycho« von Bret Easton Ellis, den die Damen und Herren der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien aufgrund detaillierter Schilderung verschiedenster Gewalttaten immerhin für sechs Jahre aus dem Verkehr zogen. Eine absurde Begründung, denn schließlich wird der Roman doch immer dann besonders eklig, wenn der sympathische Patrick Bateman seitenweise von Phil Collins und Whitney Houston schwärmt. Verglichen mit diesen Höhepunkten der Scheußlichkeit können die Morde, Vergewaltigungen und Folterungen, durch die Bateman die saturierte Langeweile seines Yuppie-Daseins aufzupeppen versucht, kaum noch schockieren. Und davon, dass die Damen und Herren Zensoren die literaturgeschichtliche Bedeutung dieses großen Romans, der die ästhetischen Ansätze der Popliteratur gekonnt mit Schreibweisen der Décadence (Huysmans, you know?) verbindet, wahrscheinlich nicht einmal erahnten, wollen wir an dieser Stelle besser gar nicht erst anfangen.

Ist über dieses leidige Thema nicht schon alles gesagt? Haben nicht beide Seiten ihre Argumente oder das, was sie dafür halten, ausgetauscht? Es wurde in der Tat viel gesagt und geschrieben, allein eine neue Erkenntnis hat sich bisher nicht eingestellt. Schluss, aus, Ende – nichts lieber als das! Doch bevor Geist und Sinne sich anderen Dingen zuwenden, bitte noch einen kurzen Moment die Aufmerksamkeit bewahren. Denn plötzlich kommt da einer, der bringt es so schön und treffend auf den Punkt. Von Feridun Zaimoglu stammt der bisher wohl beste Beitrag zur Debatte um die Ankündigung des Thienemann Verlags, diskriminierende Bezeichnungen wie »Neger« und »Zigeuner« in der Neuausgabe des Kinderbuchklassikers »Die kleine Hexe« zu ersetzen. Schade, dass er kaum Beachtung fand. Weiterlesen

Als Thienemann-Verleger Klaus Willberg vor einer Woche bekanntgab, Otfried Preußlers Kinderbuchklassiker »Die kleine Hexe« für die kolorierte Neuausgabe, die im Juli diesen Jahres erscheinen soll, sprachlich überarbeiten zu wollen, war der öffentliche Protest groß. Willberg spricht von einem »shitsorm«, der über ihn hereingebrochen ist[1].

Ehrenwert ist mit Sicherheit, dass der Thienemann-Verlag sich verantwortlich für seine Texte fühlt und durch die sprachlichen Anpassungen verhindern möchte, dass es zu Missverständnissen kommt. Schade ist, dass der Verlag seinen Lesern den Umgang mit dem Original offenbar nicht mehr zutraut. Weiterlesen