51BvMjh8CRL._SX304_BO1,204,203,200_Eines vorweg: Dieses Buch zu lesen ist wie im Dreck zu baden. Oder wie einen mit Bier verdünnten Aschenbecher auszutrinken (was so ähnlich im Roman auch vorkommt). Dieses Buch zu lesen heißt, selbst den Goldenen Handschuh zu betreten, »Hohe Klasse« oder »Fako« (Fanta-Korn) zu trinken, die Kopfschmerzen, die Hirngespinste, die Ausfall- und Entzugserscheinungen der Figuren mitzuerleben und die Houellebecq’sche Sicht auf den Menschen zu teilen. »Der goldene Handschuh« ist ein rasendes, nihilistisches Werk; eine Geisterbahnfahrt durch die elendigsten Köpfe St. Paulis; ein Tagesausflug ins pathologisch Perverse; ein Blockbuster des Elends.

Heinz Strunk hat in seinem Roman eine Parallelwelt porträtiert, die man so oder so ähnlich zwar schon bei Bukowski und Fauser gesehen hat, aber gänzlich ohne deren durch den Alkohol verklärten Blick, ohne den romantisierenden Schleier auskommt, der noch die übelste Spelunke in feinste Sepiafarben taucht und noch den letzten Scheißtag poetisiert. Doch diese Radikalität überrascht nicht, handelt es sich hier schließlich um die Geschichte eines Serienmörders: Fritz Honka hat zwischen 1970 und 75 vier Frauen auf bestialische Art und Weise umgebracht.

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England, Frankreich, die osteuropäischen Fantasiestaaten Syldavien und Bordurien, der Nahe Osten, Nord- und Südamerika, Tibet, China, Ägypten, der Kongo, Australien – kein Kontinent, den der junge Reporter Tim, die wohl populärste Figur des 1907 geborenen Comic-Autors und -Zeichners Hergé[1], nicht bereist hätte. Sogar der Nordpol und nicht zuletzt der Mond zählen zu seinen Destinationen. Langweilig ist anders. Dass der Künstler, der Belgien zum ersten Mal 1925 mit den Pfadfindern verlassen hat, Zeit seines Lebens wenig verreist ist, mag man kaum glauben. Vor allem dann nicht, wenn man sieht mit welcher Akribie er die verschiedenen Länder, Völker und Kulturen, von der Architektur über die Kleidung, Technik und andere abgebildete Gegenstände bis hin zu kleinsten Details wie einem Zigarettenpapier darzustellen vermag. Weiterlesen

sagte der Bär zu dem Jungen, als der Junge an Bord ging. »Richtige« Namen haben die beiden Protagonisten in Dave Sheltons Roman »Bär im Boot« nicht, sie sind einfach der Junge und der Bär. Und das macht auch gar nichts, denn das Figurenspektrum im Roman ist recht übersichtlich, die beiden bleiben unter sich. Genauso offen wie die Namensfrage lässt der Autor die Fragen, woher der Junge kommt, warum er zu einem sprechenden (!) Bären ins Boot steigt und wohin genau die Fahrt gehen soll. Lediglich, dass der Junge »auf die andere Seite« möchte, erfährt der Leser. Und wer aufmerksam liest, findet noch einen Hinweis auf die Herkunft des Jungen, aber ob die kleine Küstenstadt in Norfolk auch Ausgangspunkt seiner Reise ist, wissen wir natürlich nicht. Überhaupt spielen diese Dinge eine untergeordnete, eigentlich gar keine Rolle in dem Roman. Der Schwerpunkt liegt auf den beiden Hauptfiguren, auf dem Bär und dem Jungen und auf ihrer (Über)Fahrt über das Meer. Weiterlesen

Als Thienemann-Verleger Klaus Willberg vor einer Woche bekanntgab, Otfried Preußlers Kinderbuchklassiker »Die kleine Hexe« für die kolorierte Neuausgabe, die im Juli diesen Jahres erscheinen soll, sprachlich überarbeiten zu wollen, war der öffentliche Protest groß. Willberg spricht von einem »shitsorm«, der über ihn hereingebrochen ist[1].

Ehrenwert ist mit Sicherheit, dass der Thienemann-Verlag sich verantwortlich für seine Texte fühlt und durch die sprachlichen Anpassungen verhindern möchte, dass es zu Missverständnissen kommt. Schade ist, dass der Verlag seinen Lesern den Umgang mit dem Original offenbar nicht mehr zutraut. Weiterlesen