Der Streit um Suhrkamp und die dazugehörige mediale Berichterstattung haben bei aller Tragik um das mögliche Ende eines traditionsreichen Verlagshauses unbestreitbar einen gewissen Unterhaltungswert. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendein Feuilletonschreiberling sich mal mitleidig, mal hämisch zum Thema auslässt. Doch die wirklichen Höhepunkte werden von Autorenseite gesetzt. Schon jetzt muss man Hans Barlach dankbar sein, dass er Peter Handke zu einer Anklageschrift von solchem Furor, aber auch von solch sprachlicher Schönheit animierte. Und im Interview mit der SZ ließ sich jetzt Rainald Goetz zu einem Porträt des Investors hinreißen, das zwar wenig schmeichelhaft, dafür aber umso aufschlussreicher ist:

Es gibt nur schlimme Geschichten über ihn, und wenn man ihn sieht, glaubt man sie alle. Die blaue Blumenhändler-Rolex, das schütter gewellte, mittelbraun getönte Haar, die dicke, glasig gespannte Sonnenstudiohaut im Gesicht. Ich habe ihn in einer Prozesspause angesprochen, was er seine Anwälte da für einen wahrheitswidrigen Unsinn erzählen lässt. Da reagiert er wie ein stumpfer Automat, redet sofort von seinen Rechten, die er ja nur in Anspruch nimmt. Er ist auch noch ein Wimp, nicht nur ein Rechtsquerulant, ein Feigling, ein unsicherer Mensch.

Nun sollte man der Fairness halber aber auch die in nachfolgenden Sätzen anklingende Selbstkritik erwähnen:

Aber egal! Wir selber sind ja auch alle leicht kontaktgestört, unoffen, überobsessiv. Alles Dinge, die man im Interesse der Sache mal probeweise zur Seite drängen könnte.

Zurück zur Sache also. Und besonders schön und auch beachtenswert ist, wie Goetz sein Interesse an der Sache begründet:

Mich interessiert der Rechtsstreit. Warum bildet sich der Sachbefund, dass der Verlag hervorragende Arbeit macht, im Recht nicht ab? Interessant sind ja bei jedem Streit die Details. Bei der mündlichen Verhandlung hier in Berlin, Mitte Oktober, wurden zwei Stunden lang die in endlosen Schriftsätzen schon dargelegten Argumente öffentlich live ausgetauscht. Das war absolut faszinierend. Leider war es auch sehr deprimierend, weil schon unübersehbar war, dass das egal wie richtige Verhalten des Verlags in den streitigen Punkten, Villa, Mietvertrag, Abberufungsbeschlüsse etc., rechtlich angreifbar ist. Dass also ein Urteil gegen den Verlag ziemlich wahrscheinlich ist. Auch der fast grotesk weitreichende Vergleichsvorschlag des unsicheren, unsympathischen Richters Gieritz hat schon in diese Richtung gedeutet.

Die Presse berichtet ausreichend genau über diese Dinge, aber man steigt einfach intellektuell ganz anders ein, wenn man sich selber der Situation und den dort agierenden Leuten von Angesicht zu Angesicht aussetzt. Deshalb gehe ich so gern ins Gericht, ins Parlament, in die Universität, to pimp my mind sachwärts. Warum ist das Recht so unvernünftig? Was heißt die Erfahrung, die man dauernd macht, speziell im Straßenverkehr: das Recht ist die Niederlage der Vernunft? Außerdem sind diese Konfliktlinien zwischen Recht und Wirtschaft, Vernunft und Recht, Geld und Wahrheit und so weiter allgemein gesellschaftliche Groß- und Grundkonflikte, extrem aktuell.

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