Es ist nicht so, dass alles auf der Welt besser würde, wenn die Leute mehr lesen, es kommt schon drauf an, was wir lesen.
– Denis Scheck
Im Herbst nach Frankurt, nach Leipzig, wenn der Frühling grünt, so lautet die Devise des deutschen Buchmarktes und so lauteten auch die Vorsätze der Octopus-Redaktion. Zum ersten Mal besuchten wir die Messe im Paris Ostdeutschlands, um im Auftrag des investigativen Online-Journalismus neue Freunde und alte Bekannte wiederzutreffen, vor allem aber um eine Frage zu beantworten: Ist die Leipziger Buchmesse wirklich besser/angenehmer als die wundervolle, herrliche, uns jedes Jahr aufs Neue in den Wahnsinn treibende Frankfurter Buchmesse?
Die Wochenendtage fielen überraschen entspannt aus – mit einem Schauern denken wir an die Besuchertage in Frankfurt zurück – zwar ist es voll, aber nicht erdrückend, und es gibt genug Möglichkeiten, dem Trubel aus dem Weg zu gehen. Das Wetter spielte ebenfalls mit, die Sonne hielt sich zurück und unterließ es, allzu oft auf die Glaskuppel der Zentralhalle „CCL“ zu knallen, was die heiter-fröhliche Atmosphäre erwiesenermaßen binnen Sekunden in eine Sauna der schlechten Laune verwandeln kann.
Immer wieder kommt man nicht umhin, den verschiedenartigen Charakter der Leipziger Messe zu bemerken, denn anders als Frankfurt handelt es sich hier um eine Besuchermesse. Man sieht keine Vertreter oder Agenten mit Aktenkoffern durch die Gegend eilen, schlendert zwischen den Ständen umher und kann bei vielen sogar Bücher kaufen. Die Bedingungen für die Verkaufslizenz sind allerdings horrend, wie uns vor allem an den Ständen von kleinen Verlagen erklärt wird. Um sie zu erhalten, muss man ein Kontingent der eigenen Produkte für die sogenannte „Messebuchhandlung“ bereitstellen, bei welcher die Messeleitung horrende Prozente (bis zu 35%) erhebt. Es ist insofern also kaum verwunderlich, dass viele Verlage ihre Waren unter der Hand, bzw. der Theke anpreisen.
Ebenfalls auffallend ist die Reaktion der größeren Verlage auf die Horden von Studenten und Azubis, die sowohl in Leipzig als auch in Frankfurt von einem Stand zum nächsten tingeln, unter dem Arm Tragetaschen, so groß wie Postsäcke, um Gratis-Leseexemplare zu ergattern. Dieser Trend, der als simple Liebeserklärung (und unübersehbare Werbekampagne) der Verlage begann, steigerte sich in den letzten Jahren zu einer regelrechten Hysterie, sodass vielerorts nun auf die Bremse getreten wird. Während manche Verlagshäuser wie S. Fischer, dtv, oder Randomhouse die Gratis-Leseexemplare nutzen, um die Restbestände des Vorjahresprogramms abzubauen, verzichtete Hoffmann & Kampe komplett auf das Verschenken von Büchern. Droemer Knaur, Rowohlt und Hanser fuhren indessen ein neues Modell, bei welchem man sich zuerst als Azubi, Buchhändler o.ä. Im Internet akkreditieren muss, um sich dann etwas auszusuchen (teilweise sogar aus dem aktuellen Frühjahrsprogramm). Es ist zu erwarten, dass dieser vergleichsweise minimale Aufwand bei Vielen schon die Hemmschwelle ausmacht, nicht abzusehen ist jedoch, ob irgendwann überhaupt noch Bücher auf der Buchmesse selbst verkauft, verschenkt, oder anderweitig vergeben werden.