»Der eindimensionale Mensch« wird in diesem Jahr fünfzig Jahre alt. Thomas Ebermann, Andreas Spechtl und Robert Stadlober haben Herbert Marcuse auf die Bühne gebracht

Eingeklemmt zwischen jungen Kommunisten mit Karl-Marx-Bart, Reformhauskundinnen im selbst gestrickten Sackpullover und Jutta Dittfurth wartet man, dass endlich irgendetwas passiert. Aber es passiert nichts, und weil nichts passiert, macht man sich so seine Gedanken. Und man denkt: Nie lagen Glanz und Elend dieser Jahre, der Jahre der letzten, ja, sagen wir doch: Revolution, die dieses Land gesehen hat (hat jemand 1989/90 gesagt?), so nah beisammen. Und dann, nach einer verschlurft sympathischen Einführung von Thomas Ebermann, der Leben und Schaffen Herbert Marcuses vorstellt, kommen zwei schöne junge Männer auf die Bühne und entfachen ein Feuerwerk aus Marxismus, Krach und Zärtlichkeit, dass es einen nur so umhaut. Und man ist entzückt und gleichzeitig aufgewühlt und ergriffen von dieser großartigen Collage, bei der Geist und Furor Funken schlagen. Später liest man in »konkret« das zweiteilige Gespräch, das Gremliza mit Dietmar Dath und den Beteiligten geführt hat, und weiß plötzlich wieder, warum man Marcuse so viel lieber mag als etwa den ollen Adorno. Man erinnert sich an den Satz, mit dem der »eindimensionale Mensch« schließt, das schöne Benjamin-Zitat: »Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben«. Mag sein, dass das Buch »durch und durch negatorisch« ist, wie Ebermann sagt. Der Abend war es nicht.

Herbert Marcuse: Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft. Hrsg. von Peter-Erwin Jansen. Zu Klampen: Lüneburg 2014.  

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