…sagt der Bärbeiß zum Tingeli. Und das will bei einem echten Bärbeiß etwas heißen. Als durch und durch schlecht gelaunter Kerl kann er wohl nicht anders, als seiner Freude auf diese Art und Weise Ausdruck zu verleihen. Die Wörterbuch-Definitionen für »bärbeißig« reichen von »auf mürrische bis grimmige Weise grob« über »brummig-unfreundlich« bis hin zu »griesgrämig und übellaunig«. »Der Bärbeiß« von Annette Pehnt, im August beim Hanser Verlag erschienen, macht seinem Namen alle Ehre. Am Anfang jedenfalls. Die neuen Nachbarn (er ist erst vor kurzem umgezogen), lassen sich davon abschrecken. Bis auf das Tingeli:

Das einzige Geschöpf, das immer wieder klingelte, war das Ting
eli. Es hatte nichts anderes zu tun, als herumzutänzeln, Nachbarn zu besuchen, Katzen zu streicheln und Blütenblätter zu zählen.

Es stört sich nicht an dessen düsterem Charakter und versucht, ihm die schönen Seiten des Lebens, die er in seinem braun gestrichenen, dunklen Haus, nicht zu kennen scheint, näher zu bringen. Zu Beginn lässt sich der Bärbeiß nur darauf ein, um danach wieder »in Ruhe auf seine braune Wand starren zu können«. Und man muss zugeben, er ist wirklich ein schwerer Fall:

»Jetzt kriegst du erst mal ein Stück Hefezopf und einen Kaffee«, sagte es, »und dann sieht die Welt schon besser aus.«
»Ich bin ge
gen Hefe allergisch«, murmelte der Bärbeiß, »und den Kaffee kannst du den Hasen geben.«
Einen Augenblick lang saß das Tingeli ganz still und atmete tief durch.

Aber es bleibt hart und man gewinnt den Eindruck, dass der Bärbeiß zunehmend doch tatsächlich so etwas wie Freude bei den Unternehmungen mit dem Tingeli und den anderen Tieren in der Nachbarschaft zu empfinden scheint. Auch wenn er das selbst nie zugeben würde. Er ist schließlich ein Bärbeiß. Und natürlich gibt es auch Rückschläge:

Am Dienstag hatte der dicke Bärbeiß gewaltig schlechte Laune. Der Ärger dampfte ihm aus allen Ritzen. Missmutig hockte er in seinem Vorgarten und riss alle Blumen aus, weil sie nicht schön genug blühten. Die roten und gelben stopfte er in sein Maul, aber sie schmeckten nach nichts.

Das Tingeli vermag es, eine Seite im Bärbeiß zu Tage zu fördern, die er selbst nicht kannte. Die Überspitzung der Charaktere ist wunderbar komisch. Und im Laufe der Geschichte wird klar, dass sie nicht eindimensional sind, der Bärbeiß nicht nur »bärbeißig« und das Tingeli nicht nur glücklich. An dieser Stelle soll nicht zu viel verraten werden, es sei nur gesagt, dass sie es am Ende schaffen, von der Gegensätzlichkeit des Anderen zu profitieren.

Die zarten Buntstift-Illustrationen von Jutta Bauer, die die Geschichte begleiten, tun ihr Übriges – genauso haben wir uns einen »Bärbeiß« vorgestellt…

Annette Pehnt, Jutta Bauer: Der Bärbeiß. Carl Hanser Verlag: München 2013.

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