51umf44i8FL._SX314_BO1,204,203,200_Der französische Autor Jean Prévost starb zwei Tode, wenn man seinem Biographen Jérôme Garcin glauben darf. Den ersten starb er durch die Deutschen, die ihn 1944 als Partisan in der Nähe von Grenoble erschossen. Die zweite Ermordung erfolgte durch die Französische Leserschaft, die den gefeierten Vorkriegsliteraten nach Ende des Zweiten Weltkriegs einfach vergaß, mit einer grausam systematischen Gleichgültigkeit. Zumindest aus dem zweiten Grab hebt man den Vergessenen nun wieder heraus, wobei jedoch die Frage besteht, ob es sich lohnt, Jean Prévost wiederzubeleben, dessen einzige weltliterarische Spur einzig Hemingway zu sein scheint, der sich beim Boxen einen Daumen am harten Schädel des Franzosen brach.

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Zuhause ist es immer noch am schrecklichsten. Da geht man über die Straße und wird gegrüßt von einem, den man doch eigentlich gar nicht mehr kennen will. Der Nachbar wünscht einen guten Tag, doch weiß man: gerade eben hat er hinter verschlossener Tür seine Frau angeschrien. Und am schlimmsten: die eigenen Geheimnisse stehen für alle sichtbar auf der gerunzelten Stirn geschrieben.

Sherwood Anderson hat über die kleinen privaten Geheimnisse, Schrecklichkeiten, Abgründe ein Buch geschrieben, das vielleicht schönste Buch, das während des ersten Weltkriegs verfasst wurde. »Winesburg, Ohio« heißt dieses Portrait einer Kleinstadt im nördlichen Nirgendwo Amerikas und dort, in diesem fiktiven Ort, spielt sich auch das Geschehen ab: Junge Männer hadern mit ihrer Zukunft, die Alten versinken in Depressionen, die Frauen sind vergrämt und ein quirliger Reporter der Lokalzeitung »Winesburg Eagle« bringt sie alle zusammen. Mit dem Progressivismus und kurz vor dem Beginn der Industrialisierung verlieren die Menschen die Nerven und den Sinn für die Traditionen des Landlebens. Die Stadt lockt mit Versprechungen, doch wer wagt schon den ersten Schritt ins Neue? Weiterlesen