Als Vorbote des jüngsten Gerichts kommt der personifizierte Tod in der Offenbarung des Johannes auf einem fahlen Pferd dahergeritten. Hinter dem vierten Reiter der Apokalypse öffnet die Hölle ihre Pforten. Gäbe es einen treffenderen Titel für solch einen monströsen Roman? Einen Roman, in dessen Mittelpunkt nicht nur das Treiben eines umtriebigen Todesboten steht, sondern dessen Verfasser selbst anderen den Tod brachte? Im Wissen um das Leben Boris Sawinkows, der sich in der Zeit nach der Jahrhundertwende der Sozialrevolutionären Bewegung anschloss und unter anderem an der Ermordung des russischen Innenministers Wjatscheslaw von Plehwe sowie an dem durch Iwan Kaljajew verübten Attentats auf den Großfürsten Sergei Romanow, Sohn des schon 1881 von der Untergrundorganisation Narodnaja Wolja (deutsch: »Volkswille«) getöteten Zaren Alexander II., beteiligt war, ist man dazu verführt, die in knappen Tagebucheinträgen geschilderten Vorgänge als literarisch stilisierten Tatsachenbericht zu lesen, der begleitet wird von Überlegungen zum Ziel und zur Notwendigkeit revolutionärer Gewalt. Weiterlesen
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Das weiße Buch
Manchmal gibt es Autoren, die eine Weile benötigen, bis sie sich einen Platz in der ständig auswuchernden Bücherlandschaft sichern können. Gaito Gasdanow ist so ein Fall. Sein Roman »Призрак Александра Вольфа« erschien 1948, wurde in Russland aber wegen des sowjetischen Regimes erst 1988 im Zuge der Perestroika veröffentlicht. Gasdanow, der sich seit seiner Jugend im Exil in Paris befand, erlebte das nicht mehr. Kurz nach der Erscheinung des russischen Originals wurden weitere Fassungen auf Englisch und Französisch publiziert. Um bis nach Deutschland zu kommen, benötigte der oft mit Camus und Proust verglichene Autor dennoch weitere 24 Jahre: 2012 erschien »Das Phantom des Alexander Wolf« beim Carl Hanser Verlag. Weiterlesen