Angesichts der Inflation der Literaturpreise ist es fast schon eine Auszeichnung, keine Auszeichnung zu erhalten. Zur kleinen Riege der Verschmähten zählte bislang auch Christian Kracht, der nicht zuletzt mit seiner Erfolglosigkeit im Trophäenkampf auch offensiv kokettierte. So ganz stimmte das zwar nicht, immerhin verstaubt der Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar schon drei Jahre im Regal, doch die wichtigen (soll heißen: hoch dotierten) Literaturpreise sind an Kracht bisher tatsächlich vorübergegangen. Von nun an ist es mit der Unschuld allerdings vorbei, denn Krachts Roman »Imperium«  um den Aussteiger und Kokovoren August Engelhardt wird mit dem renommierten Wilhelm-Raabe-Literaturpreis ausgezeichnet. In der Begründung der Jury heißt es, »Imperium« entwerfe ein »groteskes Sittenbild des frühen 20. Jahrhunderts, in dem Lebensbewegte, Lebensreformer, bärtige Bohemiens und aufbegehrende Aussteiger ihren privaten Wahnsinn zu Welterlösungsideen ausweiteten, übers Meer fuhren, um Land zu gewinnen, und Wahnsinn fanden, den lachenden Tod«. Der Roman balanciere  auf »der Grenze zwischen Komik und Schrecken […] mit großer Sicherheit und bildet so einen bedeutenden Knoten im Gewebe der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur«. Ob das Preisgeld in Höhe von dreißigtausend Euro über den Verlust der literaturpreislichen Jungfräulichkeit hinweg zu trösten vermag?