Weltentdecker

Heute ist der letzte Fachbesuchertag, schon am späten Vormittag drängen sich ebenjene und die Pressevertreter durch die Messehallen. Während gestern eines der kulinarischen Highlights in Halle 3 der Popcorn-Stand vom Brockhaus-Verlag war, scheint es heute die Gratissuppe im essbaren Schälchen zu sein, die am Stand eines Kochbuch-Verlages an hungrige Messebesucher verteilt wird.

Neben den aufwendig gestalteten Ständen der großen Verlage sind auch kleine, weniger bekannte Verlage vertreten – viele mit einem tollen Programm und einige etwas kuriose Verlage, in der spirituellen Ecke in Halle 3.1 etwa »Happy Science Deutschland«, dessen japanischer Messias (für alle die es noch nicht wissen: der lebende Buddha des 21. Jahrhunderts!) seinen Rezipienten Erleuchtung verspricht … Besonders gut gefällt uns der Stand von »Kein & Aber«, der mit Wohnzimmer-Atmosphäre zum Aufenthalt einlädt.

Das Sofa sieht gemütlich aus. (Messestand von »Kein & Aber«)

Verweilen kann man auch ganz gut im Neuseeland-Pavillon, in dem das diesjährige Gastland seine Bücher ausstellt (wobei man die hier eher suchen muss). Am Eingang weisen freundliche Messe-Mitarbeiter darauf hin, dass man auf die Wasserflächen Acht geben soll. Hinter der Tür empfängt uns dann Dunkelheit und ein sich im Wasser spiegelnder Mond – ganz nach dem Motto des Gastlandes »While you were slepping« (Andrea Diener  hat in einem Beitrag der FAZ-Messezeitung vom Donnerstag interessante Theorien darüber aufgestellt, was nachts wohl im Neuseeland-Pavillon passiert, dann müsste es dort schließlich hell sein: FAZ-Artikel von Andrea Diener

»Dunkel war’s, der Mond schien helle« (Neuseeland-Pavillon)

Ach ja, und die Bücher, die hängen an Drahtseilen in vielen kleinen Zelten, deren Eingang von folkloristischen Masken gesäumt ist. Dazwischen bieten zahlreiche Sitzflächen die Möglichkeit sich auszuruhen und dabei einer der vielen „Performances“ mit singenden und tanzenden Maori beizuwohnen, die mehrmals am Tag stattfinden.

Bücherzelt (Neuseeland-Pavillon)

Nach der Mittagspause läuft uns am Stand von Klett-Cotta eine der ersten Cos-Playerinnen über den Weg. Ein Zeichen dafür, dass das Wochenende und damit die Besuchertage nahen? Wir schlendern weiter durch Halle 4 und treffen auf einen netten Herrn beim »Bollmann Bildkarten Verlag«. Er erzählt uns, dass man seinen Großvater den »Merian des 20. Jahrhunderts« nannte und zeigt uns die Stadtkarten, die der Verlag seit 1948 vertreibt. Auf den ersten Blick erinnern sie an neuzeitliche Stiche, aber die Wolkenkratzer auf der Karte Frankfurts sind ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Karte doch jüngeren Datums sein muss. Ein paar Schritte weiter werden an einem Stand (interaktive) Globusse ausgestellt, leider funktioniert der Stift für die interaktiven Funktionen gerade nicht …

Weltentdecker

Wir bleiben kurz bei der Lesung eines neuseeländischen Autors stehen, gehen dann aber doch weiter, denn gleich fängt die Verleihung des Jugendliteraturpreises an. Deswegen können wir auch leider nicht auf einem der Massagestühle Platz nehmen, wo geschultes Personal auf verspannte und gestresste Literaturkritiker wartet.

Neuseeländischer Autor bei einer Lesung

Nachdem wir das Congress-Centrum und den »Saal Harmonie« gefunden haben, sind wir erstaunt über die Größe der Veranstaltung (der Deutsche Jugendliteraturpreis wurde in diesem Jahr zum 57. Mal verliehen, seit sieben Jahren findet er in diesem großen Rahmen statt), der Moderator verrät später, dass im Publikum 1200 Gäste sitzen (und stehen!).

Gleich geht’s los …

Den üblichen Grußworten, heute von Stephanie Jentgens, Alexander Skippies, Jürgen Boos und Lutz Stroppe, folgt die Bekanntgabe der Jury-Entscheidung

Kinderbuch: »Frerk, du Zwerg!«

Bilderbuch: »Mia schläft woanders«

Jugendbuch: »Es war einmal Indianerland«

Sachbuch: »Was, wenn es nur so aussieht, als wäre ich da? «

Preis der Jugendjury: »Sieben Minuten nach Mitternacht«

Sonderpreis Gesamtwerk Illustration: Norman Junge

Die Preisträger auf dem Sofa

Ein kleiner Höhepunkt während der bisweilen etwas synthetisch wirkenden Veranstaltung (eine Stimme aus dem Off führte zusammen mit dem Moderator durch den Abend) ist die Übergabe des Preises in der Sparte Sachbuch an Oscar Brenifier, den Autor von »Was wäre, wenn es nur so aussieht, als wäre ich da?«: Als der Moderator ihm den Preis überreichen will behauptet er

I’m not the author of this book.

und verweist auf eine Dame im Publikum, die, wie sich herausstellt als sie auf die Bühne kommt, seine deutsche Verlegerin ist. Sie klärt schließlich auf:

Er ist der Autor des Buches, er macht bloß immer Witze …

Zwischendurch sorgt das Ensemble »Ritmatak!« für Unterhaltung: Ihr Programm besteht daraus, dass sie mit »scheinbar banale[n] Alltagsgegenständen« (heute natürlich Bücher) Klänge erzeugen. Ihr Auftritt kommt im Allgemeinen gut an, allerdings nicht bei allen (dem Autor von »Es war einmal Indianerland« scheint die Zweckentfremdung nicht zuzusagen). Sekt und Häppchen im Anschluss an die Preisverleihung lassen wir aus und machen uns auf den Weg nach Hause – für heute haben wir genug gesehen, gehört und gelesen …