An die Arbeitsweise des Journalisten richten sich besondere Ansprüche. So hat sich ein Journalist natürlich an die Fakten zu halten, klar, aber Fakten können auch der Literatur als Grundlage dienen. Wo ist also der Unterschied? Vielleicht liegt der Unterschied darin, dass Literatur nicht »wahr« sein muss, während ein journalistischer Text sehr wohl einer »Wahrheit« verpflichtet ist, um es pathetisch zu sagen. Aber was heißt das, einer »Wahrheit« verpflichtet zu sein? Worin besteht diese »Wahrheit« des Journalismus? Das ist keine rhetorische Frage, im Gegenteil. Zweifellos ist es eine grundlegende Frage, aber darum ist sie nicht weniger komplex. Was macht also einen gelungenen journalistischen Beitrag, einen »wahren« Beitrag aus? Zumindest im deutschsprachigen Raum wird diese Frage oft mit dem seltsamen Wort »Objektivität« beantwortet. Dagegen ist zweierlei einzuwenden: Erstens, dass es diese Objektivität, außer vielleicht als Ideal, nicht gibt und nicht geben kann. Man kann sich einem Sachverhalt von unterschiedlichen Seiten nähern, man kann verschiedene Zugänge einander entgegen halten und abwägen, aber das ist nicht objektiv, sondern allenfalls intersubjektiv, und auch dies nur in einem beschränkten Maße. Und zweitens, dass der Anspruch auf Objektivität leider mitunter dazu führt, dass journalistischen Texte eine Nüchternheit, ja man möchte sagen: eine Langeweile und eine Ödnis an den Tag legen, weil sie der irrigen Annahme folgen, dass der Verzicht auf rhetorische Mittel und sprachliche Finessen einen Text automatisch objektiv mache – nach dem Motto: nichts wagen, auch nicht sprachlich, und bloß nicht »ich« sagen. Weiterlesen