Schöpfung, geboren aus Wahn, Furcht und Ohnmacht. Die Angst vor dem unendlichen, grauenerregenden Abgrund, der hinter der brüchigen Fassade der modernen Welt lauert, hat ihn zeit seines kurzen Lebens umgetrieben. Und sie hat Seltsames, gar Widersprüchliches hervorgebracht. Im Privaten war Howard Phillips Lovecraft ein weltfremder Sonderling mit zum Teil fragwürdigen politischen Ansichten. Im Künstlerischen hat er weit mehr geschaffen als ein umfangreiches und einzigartiges literarisches Werk – er hat einen Mythos ins Leben gerufen, der bis heute in Literatur, Musik und Popkultur fortwirkt. Das fiktive Buch Necronomicon, das etwa Tocotronic auf ihrem 2002er Album besingen, geht ebenso auf Lovecraft zurück wie die vielfach kolportierte Vorstellung einer mysteriösen außerirdischen Rasse, genannt »die Großen Alten«. Wichtiger als der Nachruhm und die Nachahmer ist aber, dass Lovecrafts Romane, Erzählungen und Kurzgeschichten auch heute noch unbedingt lesenswert sind. Genauso wie der grandiose Lovecraft-Essay von Michel Houellebecq, »Gegen die Welt, gegen das Leben«.

Zwei junge Mädchen lernen sich kennen, freunden sich an und schwören sich ewige Treue. Aber nur in schlechten Romanen ist Ewigkeit mehr als die Hoffnung bemitleidenswerter Optimisten. Und nur in schlechten Romanen ist die Kindheit ein Hort unbeschwerter Glückseeligkeit, wo das Böse nur in Erzählungen lauert. »Nachhinein« von Lisa Kränzler ist alles andere als ein schlechter Roman. Die Geschichte der zwei anfänglichen Freundinnen ist in ihrer Konsequenz so schonungslos wie wahrhaftig. Und ja, die Wahrhaftigkeit, die in diesem Roman steckt, ist mitunter schwer zu ertragen. Eben weil am Ende, im Nachhinein, alles ganz anders kommt, als die Freundinnen es sich erhofft hatten. Im Nachhall klingt der hehre Schwur, mit dem alles seinen Anfang genommen hat, so hohl und leer, dass es beinahe schmerzt. Weiterlesen

Man muss sich Thomas Bernhard als humorvollen Menschen vorstellen. Die Grantelei als höchstes, vollendetes Mittel der Komik, nirgends kommt sie besser zur Geltung. Vielleicht ist Bernhard doch ein »Alpen-Beckett«, wie ein Literaturkritiker schrieb. Aber auch im österreichischen Flachland treiben sich seine Figuren um, namentlich in der Bundeshauptstadt. Etwa in dem Roman »Holzfällen«. Da sitzt einer stundenlang im Ohrensessel, inmitten einer vornehmen Wiener Abendgesellschaft, und überzieht die anwesende Entourage in seinen mäandernden Gedankenspiralen mit Hass, Spott und Häme. Das präpotente Gastgeberehepaar, der narzisstische Burgschauspieler, der ganze unwichtige Anhang: alle sind sie zutiefst niederträchtig, stumpfsinnig, abstoßend. Als der Komponist Gerhard Lampersberg, ein früherer Freund Bernhards, sich in der Figur des Auersberger zu erkennen glaubte, kam es zum Skandal: Beschlagnahmung des Romans, Gerichtsverfahren, Justizdummheit. Komisch sind scheußliche Menschen nicht nur in der Literatur, sondern auch in Wirklichkeit.

91I56fh1YZLDie namenlose junge Frau, um die es in »Zwölfender« geht, bewegt sich ab der ersten Seite des Romans in einem Raum zwischen Gewissheit und Zweifel. Sie befindet sich in einer Zwischenwelt, die typographisch abgesetzt erscheint, in feinerer, minimalistischer Schrift und unregelmäßig, wie Lücken zwischen den realer anmutenden Kapiteln. Hier lebt sie in einem Wald, in einer selbsterwählten Isolation von ihrer Umwelt, aus der sie keinen Rückweg mehr findet. Sie schläft auf Steinen, neben Füchsen und Luchsen, baut sich zu Anfang ein Zelt aus Farn und Ästen, gewöhnt sich rasch an die Geräusche der Natur und weiß schließlich nicht mehr, vor was sie ihr Unterschlupf überhaupt beschützen sollte. Sie wird eins mit dem Wald und nur entfernt hört sie Fluglärm, der sie wissen lässt, dass sich die Welt außerhalb noch weiterdreht. Weiterlesen

Aufgepasst! Zum Welttag des Buches am 23. April  beglücken zahlreiche Bloggerinnen und Blogger die Welt mit Büchern, Büchern und noch mehr Büchern. Motto der Aktion: Blogger schenken Lesefreude. Finden wir gut. Machen wir mit. Und zwar mit M. Agejews »Roman mit Kokain«.

Beschreibung

Blog den Welttag des Buches
Blogger schenken Lesefreude
Wir Buch-Blogger sind Botschafter in Sachen Lesefreude und deswegen ist der Welttag des Buches unser Tag! An diesem besonderen Feiertag wollen wir die Welt mit unserer Begeisterung für Bücher anstecken. Wir werden bloggen wie die Wilden und wir werden Bücher verschenken!

Wer kann mitmachen?
Alle buchbegeisterten Blogger – egal ob Buch-Blog, Autoren-Blog, Alltags-Blog, Tech-Blog und egal, auf welcher Plattform gebloggt wird. Auch reine Facebook-Fanpages sind willkommen!

Wie lautet der Plan?
Am 23.4.2013, dem Welttag des Buches, veröffentlichen alle teilnehmenden Blogger einen Beitrag, in dem sie ein Buch verlosen. Natürlich sind wir neugierig, warum ihr euch gerade für dieses Buch entschieden habt! Ist es ein Buch von einem Lieblingsautor, ein unentdecktes Buchjuwel, ein Buch aus Kindertagen oder ein Überraschungstitel?
Leser, die diese Bücher gewinnen möchten, kommentieren eure Beiträge. Verlost werden die Bücher am 30. April.

2012 war offensichtlich das Jahr der wiederentdeckten Russen. Neben Gaito Gasdanow, dessen Meisterwerk »Das Phantom des Alexander Wolf« nach langer Zeit nun im Hanser Verlag den Weg in die Herzen der deutschen Leser fand, tritt nun ein weiterer Schriftsteller auf, der Gasdanow jedoch nicht unähnlicher sein könnte. M. Agejew ist sein Name, und das ist im Grunde auch alles, was man von ihm weiß: Ein Pseudonym, unter welchem er 1934 sein  erstes und einziges Werk veröffentlichte, den »Roman mit Kokain«. Danach wurde es still um ihn, manche Spekulationen gehen davon aus, dass er bis zu seinem Tod im Jahre 1973 bescheiden als Sprachlehrer in Russland lebte, andere glauben, dass er bereits in den 30er Jahren verstarb.

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Überraschung, Überraschung: Zu den Nominierten des diesjährigen »Preis der Leipziger Buchmesse« zählt die 29-jährige Freiburger Schriftstellerin Lisa Kränzler, die für ihren zweiten Roman »Nachhinein« nominiert wurde. Kränzlers Lesung beim letztjährigen Bachmann-Preis war eine einzige Freude, weswegen wir ihr und dem Verbrecher Verlag unsere acht Daumen kräftig drücken. Weiterlesen

Die Spiegel-Online-Autorin Hannah Pilarczyk bescheinigt Literaturkritiker Denis Scheck eine rassistische Gesinnung. Scheck hat sich in seiner ARD-Sendung »Druckfrisch« schwarz angemalt und Stellung zur Rassismus-Debatte in Kinderbüchern bezogen.

Pilarczyk schreibt: »Genau wie das Wort Neger steht die Praxis, sich das Gesicht schwarz anzumalen, in einer rassistischen Tradition: In den Minstrel-Shows, die nach dem Bürgerkrieg in den USA sehr populär waren, malten sich weiße Amerikaner ihre Gesichter an, um sich über Schwarze lustig zu machen, um sie als dumm und als faul darzustellen. […] Was man Scheck allerdings zugestehen muss, ist eine Konsequenz, die andere Kommentatoren in der Kinderbuch-Debatte bisher nicht gezeigt haben. Sein schwarzes Gesicht ist sozusagen die visuelle Repräsentation dessen, was in der Kinderbuch-Debatte Land auf, Land ab gefordert worden ist: das Festhalten an Begriffen, deren rassistischer Ursprung unbestritten ist. Scheck hat diese Forderung nur theatralisch ausagiert.«

Der Auftritt von Scheck ist unglücklich, mindestens naiv und nutzt ein fragwürdiges Stilmittel. Dabei hätte Scheck doch ahnen können, was ihn erwarten würde.

»Verachtet mir die Meister nicht«: Im Mai beginnen die Feuilleton-Festspiele zu Richard Wagners 200. Geburtstag. Zur rechten Zeit hat sich eine Schwemme von Veröffentlichungen angekündigt, die allesamt das Leben des Komponisten beleuchten wollen. Die vielversprechendste Biographie hat der Musikwissenschaftler Martin Geck geschrieben. Sicherheitshalber hat der Siedler-Verlag sie schon im vergangenen Oktober veröffentlicht. »Wagner« heißt das Buch lapidar und ist gar keine Biographie. Zumindest nicht im Sinne des eigentlichen Wortgebrauchs. Vielmehr geht Geck in seinem knapp 400 Seiten umfassenden Rundumschlag analytisch auf das Schaffen Richard Wagners ein und unterteilt es in 14 Kapitel. Da wird der »Lohengrin« seziert, »Der Ring des Nibelungen« als Mythos des 19. Jahrhunderts durchleuchtet und der Sarkasmus der prätentiösen »Meistersinger“ untersucht. Weiterlesen

Ist über dieses leidige Thema nicht schon alles gesagt? Haben nicht beide Seiten ihre Argumente oder das, was sie dafür halten, ausgetauscht? Es wurde in der Tat viel gesagt und geschrieben, allein eine neue Erkenntnis hat sich bisher nicht eingestellt. Schluss, aus, Ende – nichts lieber als das! Doch bevor Geist und Sinne sich anderen Dingen zuwenden, bitte noch einen kurzen Moment die Aufmerksamkeit bewahren. Denn plötzlich kommt da einer, der bringt es so schön und treffend auf den Punkt. Von Feridun Zaimoglu stammt der bisher wohl beste Beitrag zur Debatte um die Ankündigung des Thienemann Verlags, diskriminierende Bezeichnungen wie »Neger« und »Zigeuner« in der Neuausgabe des Kinderbuchklassikers »Die kleine Hexe« zu ersetzen. Schade, dass er kaum Beachtung fand. Weiterlesen

Wir leben in unruhigen Zeiten. Man muss nur kurz den Fernseher einschalten um sich dessen sicher zu sein. Rund um den Globus flammen nationale und ethnische Konflikte ebenso auf wie jene auf sozialer Ebene. Die Schere zwischen arm und reich klafft immer weiter auseinander und gerade in Ländern, die an Schwellen- und Dritte-Welt-Länder grenzen, wird das Elend der Einwanderer und Flüchtlinge immer offensichtlicher. Glücklicherweise bietet unsere Gesellschaft genügend Möglichkeiten zur Ablenkung, sei es durch Konsum, in kreativem Schaffen oder etwa mit dem Genuss eines guten Buches. In dieser Hinsicht war das Jahr 2012 wieder ein Jahr voller interessanter Neuerscheinungen, darunter auch zahlreiche Erstlingswerke. Von schizophrenen Vogelbeobachtern konnte man lesen, ebenso wie von jungen Aserbaidschanerinnen. »In den Häusern der Barbaren« von Héctor Tobar ist ebenfalls ein Erstlingswerk, fällt aber aus der Reihe. Wieso? Weiterlesen

Kein Weg führt daran vorbei, an einer Liste der besten Bücher des Jahres 2012.
Sie soll als Protokoll dienen, als Licht im Dschungel, Happening, Klischeebekundung und unbedingte Empfehlung.
Wir haben uns im Dienste der Literatur die Haare gerauft und Koalitionen geschlossen. Doch kam niemand von uns an diesen zehn Büchern des Jahres vorbei. Es sind die besten Bücher. Finden wir!
(Die Liste ist nach alphabetischen Gesichtspunkten sortiert. Ohne Präferenzen.)

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